Pressestimmen

 

Reutlinger Generalanzeiger:
Pfullingen/Eningen/Lichtenstein / 19.08.2003

Reutlinger Generalanzeiger

Wirtshausgeschichte(n) - Als noch Pferde und Ochsen die Zecher sicher nach Hause brachten. Auftakt einer losen Folge über die Lokalitäten Lichtensteins

Mit fließend Wasser

VON GERT LINDEMANN

LICHTENSTEIN. Die Sammlung des Lichtensteiner Geschichts- und Heimat vereins kann sich sehen lassen. Sein Archiv umfasst inzwischen weit über 1 000 Fotos. Hinzu kommen zahlreiche Dokumente, Akten und anderers. Sein Umfang ist nicht zuletzt den fleißigen Recherchen von Wilhelm Reiff, Gemeindearchivar und Mitglied im Geschichtsverein zu verdanken.

Christian Tröster jun., Adlerwirt in Holzelfingen bis 1944 mit seinen Söhnen (Foto: privat) emptypixel.gif (43 Byte) Gestandene Wirtsleute wie Christian Tröster jun. (Mitte), er führte den Holzelfinger Adler von 1921 bis 1944, mit seinen Söhnen Hugo (links), Richard (Adlerwirt von 1944 bis 1981) und Otto, sind Teil der Wirtshausgeschichten. FOTO: PR

Aus diesem Fundus haben die Aktiven des Geschichtsvereins Werner Vöhringer (Vorsitzender), Günther Frick, (Stellvertreter) Gert Lindemann (Schreiber), Winfried Reiff (Reproexperte) und Willy Hohloch (Kalligraphie) eine Arbeit über das Lichtensteiner Wirtschaftsgewerbe zusammengestellt, das die historische Stationen der hiesigen Lokalitäten beleuchtet und mit Ihrem Erscheinungsbild in heutiger Zeit vergleicht.
     Gemeindearchivar Reiff hat durch intensives Quellenstudium in den Gemeindeakten wesentlich zur Aufklärung beigetragen. Als besonders ergiebig erwiesen sich dabei die Bau- und Gebäudekataster, Gebäudebrandversicherungsprotokolle, Gewerbesteuerunterlagen, Gewerbe-Anzeigen sowie Erlaubnisurkunden der Alt-Registratur mit denen sich die Chroniken der Häuser zum Teil bis Anfang 1800 zurückverfolgen ließen.

Ananas mit Sahne

Fotos, zum Teil aus privater Hand, Postkarten und ehemalige Werbeprospekte, Besitzurkunden, Schanklizenzen und Umsatzsteuererklärungen der heute Hotel, Gasthof und Café genannten Unternehmen, halfen ebenfalls weiter, eine Zeit nachzuzeichnen, in der ein Viertele Rotwein zwischen neunzig Pfennig und zwei Mark, ein Wiener Rostbraten genau drei, warmer Leberkäse eine Mark und Ananas mit Sahne sechzig Pfennig kosteten.
     Nicht zu vergessen die Prominenz, die in den Gasthöfen Lichtensteins abstieg: Neben der deutschen Fußball-Nationalmannschaft fand einst auch Tenor Rudolf Schock den Weg in das Albhotel Traifelberg. Mit John Shalikashvili durfte das Hotel »Adler« in Honau sogar den Stabschef des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton bewirten, als dieser kurz vor seiner Ernennung, hohe NATO-Offiziere zu einem Abschieds-Gala-Diner ins Ländle einlud.

Die Hälfte ist verschwunden

Nicht nur den müden Reisenden beherbergten die Gasthöfe von damals. Wo heute Benzinkarossen parken, wurden früher Ochsen und Pferde versorgt. Und anders als in heutiger Zeit hat früher so manches brave Pferdegespann seinen Kutscher nach durchzechter Nacht sicher nach Hause geleitet. Und noch genauso wie damals wird in den heutigen Wirtshäusern an der Ortspolitik mitgestrickt. Insgesamt wurden in den Lichtensteiner Teilorten 36 Gasthäuser und Wirtschaften ermittelt. Von den heutzutage noch bewirtschafteten 20 Lokalen haben 16 eine geschichtliche Tradition, die zum Teil bis Anfang 1800 zurückverfolgt werden konnte. Vier sind neu hinzugekommen. 15 der ursprünglich 32 geschichtsträchtigen Häuser existieren heute nicht mehr. Das Gaststätten- und Unterkunftsverzeichnis der Gemeinde Unterhausen verzeichnet Anfang der 60er Jahre 14 Betriebe mit rund 950 Sitzplätzen. Davon boten zehn Gasthöfe Übernachtungsmöglichkeiten mit insgesamt 57 Betten an, wobei es in den meisten Fällen bereits »fließend Wasser« gab. Ein »Bad im Hause« wurde hingegen nur in den drei größeren Häusern der Gemeinde (Krone, Stern und Bahnhof Honau) angeboten.

Mit Liegewiese

Als damals größtes Haus hatte allein die Krone von Karl Reiff 20 Betten und 200 Gastplätze. Als werbewirksam wurde damals »Diätküche, Liegewiese/Garten und Metzgerei« gesehen, die die Besucher anlocken sollten. Ein Zimmer kostete durchschnittlich acht Mark pro Tag, das Frühstück wurde mit 1,80 Mark berechnet, für ein Mittag- oder Abendessen wurden zwischen drei und vier Mark zu Buche geschlagen.
     Heute beherbergen nur noch sechs Lichtensteiner Häuser Besucher, allerdings hat sich die Bettenzahl vor allem nach dem Ausbau der Honauer Betriebe »Adler« und »Rößle« auf weit über zweihundert erhöht. (GEA)

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Geschichts- und Heimatverein Lichtenstein e.V., Ludwigstraße 8, 72805 Lichtenstein