MUNDART / Einharter Dreig'sang im Gemeindehaus
"Oifach leaba" im doppelten Sinn
von JÜRGEN HERDIN
Einfühlsam, schlicht und etwas Ruhe verschaffend
ist die Musik, ist die Poesie der Leute vom "Einharter Dreig'sang". Auf
Einladung des Heimat- und Geschichtsvereins gastierte die Gruppe im Rösch-Gemeindehaus.
LICHTENSTEIN - "Oifach leaba", dieser doppelsinnige Begriff
vermittelt eine Lebenseinstellung und eine Art des Daseins gleichermaßen: Franz Wohlfarth
in seinem kehligen oberschwäbischen Dialekt und "seine" Frauen vom Dreigesang
vermitteln mit ihren Liedern die Gewissheit, dass im Schlichten, im Einfachen auch Ruhe
und Schönheit innewohnt.
Der Kosmos von Wohlfahrt, seiner Frau Stefany und den beiden
anderen im Dreig'sang, Roswitha Hagenmüller und Marita Boden ist die Gegend zwischen
Reppenweiler und Habsthal in Einhart an der Ostrach. .Dort haut's bestimmt koi Bomb'
nei", versichern die Interpreten - womit sie möglicherweise auch recht haben.
Nie volkstümelnd
Traditionelles Liedgut, Blues, dreistimmige Sätze mit alpenländischer Anmutung,
volkstümlich im eigentlichen Wortsinne, aber nie volkstümelnd im krachledernen Sinne:
Für Wohlfarth und seine drei Begleiterinnen ist letzteres ganz wichtig. Die Heimat und
das Leben dort auf poetische und humorvolle Weise beschreiben und hinterfragen aber nicht
verklären, so sehen sie ihre Musik und ihre Aussage.
"Was braucht mr' auf em Bauradorf? An alta Maah' und junge
Leut' im Internet, damit die Weit sich weiterdrett". An der Dialektfärbung wird
deutlich, dass es von Einhart bis zum Vorarlberg keine 60 Kilometer Luftlinie mehr sind.
Und sie fühlen sich wohl daheim. Nach "Sulga", also
Saulgau, fahren sie nur "zum Happy family day", und Globalisierung übersetzen
sie mit einem "Hura-duranand", und da "regt m'r sich scho amal driabr
uff". Ansonsten "Heimat", Heimat pur bei den Dreigesänglerinnen, die das
Publikum im Gemeindehaus durch ihre gewollt ruhige, besinnliche Art begeisterten.
Gejodelt und solo gesungen haben sie auch, die Damen um Franz
Wohlfarth, stimmlich präzise und gefällig harmonierend. Wohlfarth, den sein Vater immer
schon davor gewarnt habe, sich irgendwann in seinem Leben "nördlich der Donau"
zu begeben, hat seine Heimat stets im Blick, den er auch schärft, wenn es um die
Eigenheiten der Stämme dort geht.
"Ich liebe Dich" sei auf Schwäbisch nicht
wiederzugeben, darauf besteht Wohlfahrt bei seinem einzigen Liebeslied mit
hochsprachlichem Refrain. Weiß er doch um die Bemühungen vieler Mannen, die das schon
versucht haben. Entweder komme dann so etwas wie "Du bisch scho' reacht" dabei
heraus, oder gar die höchste Form der schwäbischen Zuneigungsbekundung: "S' gibt
Mindere!"
"Jeder Morga' hat a neue Spur, mir lasset uns d'rauf'
ei" beschwören Wohlfahrt und sein Frauenchor die Hoffnung aufs Alltägliche,
beschreiben anrührend, aber ohne die oft übliche, penetrante Gefühlsduselei das Leben
einer alten Bäuerin - und dichten über das Licht und dessen Wärme.
Tu mal langsam, grad wenn's pressiert": Das ist Poesie für
den Feierabend ebenso wie "jede kleine Träne spült Schtoiner aus deim Herz".
Und das kommt beim Publikum an, das die Oberschwaben nach ihrem
großen, gejodelten Finale vom "oifach leaba" nicht ohne Zugabe wieder gehen
lässt. |